Geschichte
Aldingen und Aixheim
liegen am Ostende der Baar vor dem steilen Aufstieg zur Schwäbischen Alb. Sanfte Hügel und fruchtbare Böden im Land um Aldingen zogen die Menschen seit jeher an. Der Ort schaut auf eine reiche Vergangenheit: Erstmals ist Aldingen im Jahr 802 urkundlich erwähnt, aber wie alle "ingen-Orte" eine weit ältere alemannische Siedlung. Der Ortsname führt zu einem alemannischen Aldo. Nur wenige Meter unter dem Fußboden der evangelischen St. Mauritius-Kirche liegt der älteste Ortskern Aldingens. Archäologen ergruben unter der Kirche eine frühe alemannische Siedlung, die bereits um 400 n. Chr. bewohnt war. Genau an diesem Platz errichtete 300 Jahre später der örtliche Eigenkirchenherr eine frühe Holzkirche. Damit ist die heutige Aldinger Pfarrkirche mit ihren Vorgängerbauten ältestes Wahrzeichen im Ort. Der wuchtige Kirchturm mit Treppengiebel und meterdicken Mauern trägt die Jahreszahl 1593. Auf der Giebelseite meißelten Bauleute das Jahr des Neubaus 1720 ein. Über dem Portal prangt das in roten Sandstein gehauene württembergische Wappen: Symbol für den Kauf des Ortes Aldingen und des abgegangenen Dorfes Dellingen durch Württemberg im Jahr 1444.
Aldingen wurde 1534 mit der landesherrlichen Reformation protestantisch. Rasant veränderte das alte Handwerker- und Bauerndorf im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts sein Gesicht. Besonders das Können und die technischen Ideen von Schmieden, Schlossern und Tonfedernmachern schufen die bedeutende feinmechanische Industrie im Ort. Die schwäbische Präzisionsarbeit aus Aldingen ist in allen Erdteilen geschätzt und machte Aldingen als Standort zahlreicher innovativer und hoch spezialisierter Firmen auch international bekannt und gefragt. Der Ort wächst stetig: Wirtschaftlich, sozial und im kulturellen Leben. Das heutige Aldingen bildet mit seinem Nachbarn Aixheim seit der Gemeindereform vom 1. Januar 1975 eine Gesamtgemeinde. Heute leben hier ca. 7.600 Einwohner. Aldingen ist eine Gemeinde mit Zukunft: Sie lebt und wächst aus dem aufgeschlossenen und demokratischen Bewußtsein zu ihrer eigenen Geschichte.
Ur- und Frühgeschichte
Vor über 220 Millionen Jahren, im Erdmittelalter, lauerten im tropischen Sumpf Urkrokodile auf ihre Beute. Im Tal der Prim fanden Arbeiter das eindrucksvolle Steinskelett: Der Krokodilsaurier aus Aldingen mit dem Aussehen eines indischen Gavials, ist im Stuttgarter Museum am Löwentor in einer großen Vitrine ausgestellt. Eine Tafel im Ortsteil Neuhaus verweist auf den seltenen Fund einer Urschildkröte, deren gewaltiger Panzer Schutz bieten sollte. Mit 6000 Jahren, vergleichbar jung ist der älteste Hinweis auf menschliches Leben: eine auf der Markung gefundene Steinzeitpfeilspitze. Im Kernraum keltischer Kultur gelegen, zogen auch in der anschließenden Römerzeit wichtige Verkehrswege durch Aldingen,
zu denen seit dem 19. Jahrhundert auch die heutige Eisenbahnlinie Stuttgart-Mailand hinzu trat. Zahlreiche Grabhügel der Bronze- und frühen Eisenzeit zeugen von relativ dichter Besiedlung in der Vorgeschichte. Allein drei spätkeltische Viereckschanzen auf dem Gemeindegebiet zeugen vom Leben der Kelten auf dem Land. Römer unterwarfen die Kelten und gründeten im nahe gelegene Rottweil ein bedeutendes Zentrum. Auch das römische Weltreich zerfraß sich in ungelösten inneren Konflikten und öffnete das Land für Einwanderer aus dem Norden. Diese Menschen heißen erstmals gegen Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. "Alemannen". Einer ihrer lokalen Herren prägte Aldingen seinen Namen auf.
Mittelalter
Merowinger und Karolinger unterwarfen die Alemannen. In diese fränkisch-alemannische Zeit fallen die -heim -Orte. Das zur Gesamtgemeinde gehörende Aixheim ist ein Beispiel. Die Alemannen nahmen den römisch-katholischen Glauben an, was den gewaltigen Herrschaftsanspruch des Frankenreichs untermauerte. 802 - zur Zeit Karls des Großen - übergab ein Mann namens Erlobold seine Güter dem Kloster St. Gallen. Erlobold begab sich unter die Lehensherrschaft dieses damals in Südwestdeutschland mächtigen Klosters. Diese ältesteste Urkunde zur Geschichte des Ortes führt Aldingen im Jahr 2002 zur 1200-Jahrfeier.
Weitere Herren erscheinen in Zeugnissen aus dem Hoch- und Spätmittelalter. Sie holten sich Abgaben und Leistungen von den Einwohnern, die jedoch nie leibeigen wurden. Geistliche Herren, wie das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen, das Kloster Rottenmünster, die Johanniterkommende in Rottweil und die Domprobstei Konstanz beherrschten die Menschen im Ort gleichzeitig mit den weltlichen Herren, zu denen Patrizier aus Rottweil und die Herrschaft von Karpfen-Blumberg gehörten.
Frühe Neuzeit und 19. Jahrhundert
1444 setzt sich ein Mächtiger durch: Württemberg erwirbt Aldingen. Aixheim dagegen bleibt als reiner Klosterort unter
der geistlichen Herrschaft der Zisterzienserinnen von Rottenmünster. In den folgenden Jahrhunderten rief die prekäre Grenzlage zum vorderöstereichischen Oberhohenberg zahlreiche Streitigkeiten zwischen den benachbarten Herren hervor. Erst 1805, als Napoleon Österreich besiegt hatte und Oberhohenberg an Napoleons Verbündeten Württemberg kam, war diese Frage konkurrierender Obrigkeiten entschieden. Bis 1810 gehörte Aldingen verwaltungsmäßig zu Tuttlingen und blieb zunächst ein rein protestantischer Ort. Heute kaum mehr vorstellbar: bis 1806 wurden Katholiken nicht geduldet, hatten keine Chance, Bürgerrechte zu erhalten.
Noch 1905 lebten nur drei Katholiken in Aldingen.Aller Nostalgie zum Trotz: das Leben in der "guten alten Zeit" war beschwerlich, mühselig und hart. In manch schlechten Jahren fielen die Ernten gering aus, die Getreidepreise schossen ins Unbezahlbare, niemand half, wer war verantwortlich? Dem Hunger auf den Fersen waren Krankheit, Seuchen und der Tod. Amerika hieß im 19. Jahrhundert die Zauberformel für viele Aldinger und Aixheimer.
Zur Geschichte des Ortsteils Aixheim
Ritter Benno von Aixheim ist 1086 Zeuge einer verbrieften Schenkung und damit zugleich Zeuge für die älteste schriftliche Erwähnung von Aixheim. Drei Jahrhunderte vor dem Ort Aixheim ist der nahe gelegene und heute abgegangene Aichhof im Jahr 793 urkundlich genannt. Mehrere Burghügel liegen in und bei Aixheim und verweisen auf die Herrschaften im Ort. Auch hier: weltliche und geistliche Herren, da runter die zeitweise mächtigen Grafen von Lupfen und Rottweiler Patrizier. Zu ihnen zählten seit Beginn des 14. Jahrhunderts die in Aixheim einflußreichen Gruler (Gruwel). Der Bischof von Konstanz durfte den Pfarrer einsetzen. Durchsetzen sollte sich Rottenmünster: Bereits 1327 zählen Zisterzienserinnen aus Rottenmünster in ihrem Güterverzeichnis zahlreiche Aixheimer Höfe zum Klosterbesitz. Nach und nach erlangte das Kloster die Ortsherrschaft und verfügte über zwei Drittel des Grund und Bodens. 1624 schließlich hatte das Reichsstift auch die hohe Gerichtsbarkeit inne. Am Ende des Alten Reiches wird Rottenmünster 1802 säkularisiert.
Seit 1803 gehören die fünf Klosterdörfer Aixheim, Frittlingen, Zepfenhan, Neukirch und Lauffen mit 2700 Einwohnern offiziell zu Württemberg. In früheren Zeiten lebten die Einwohner des einstmals armen Ortes fast ausschließlich von der Landwirtschaft. Wie in Aldingen vertrieb auch in Aixheim die wirtschaftliche Not im 18. und 19. Jahrhundert viele Menschen aus dem Dorf: Zwischen 1815 und 1870 wanderten allein 350 Bürger vor allem nach Amerika aus. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist sowohl in Aixheim als auch in Aldingen noch weitgehend unerforscht. Nur geringe Kenntnisse haben wir über die Zeit des Nationalsozialismus. In Aixheim hat der katholische Pfarrer und seine Kirchengemeinde eine Oppositionsstellung zu den braunen Herren eingenommen, wie das Heimatbuch andeutet. Noch heute hat die Landwirtschaft im Ort Gewicht, doch hielten aus dem Handwerk entstandene Industrien und Gewerbe Einzug. Ruhige Wohnsiedlungen im Grünen entstanden. Viele Arbeitnehmer pendeln aus dem etwa 1350 Einwohner zählenden Ort ins nahe Aldingen, nach Trossingen, Spaichingen und Rottweil.